Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges bezeichnete seine Landsleute scherzhaft als
Italiener, die Spanisch sprechen und gerne Engländer wären, die glauben, in Paris zu leben.
Dadurch kommt die Mischung des Volkes aus Einwanderern verschiedener europäischer Länder zum Ausdruck, die sich in der Kultur deutlich bemerkbar macht. Diese ist so facettenreich wie die Geographie und die Mischung der verschiedenen ethnischen Gruppen des Landes. Die moderne argentinische Kultur wurde hauptsächlich durch die europäische Immigration beeinflusst.
Buenos Aires und andere größere Städte, sind von einem Mix aus europäischer Architektur der letzten 200 Jahre gekennzeichnet. In alten Siedlungen und einzelnen alten Stadtvierteln finden sich jedoch auch Stile aus der Kolonialzeit. Neben zahlreichen Museen, Kinos und Galerien in den urbanen Zentren, bestehen weiterhin traditionelle Einrichtungen wie Literaten-Bars oder Orte mit Live-Musik verschiedener Genres, insbesondere des Tango und Flamenco.
Argentinischer Tango: Musik im Reiseland Argentinien
Wenn man an argentinische Musik denkt, fällt einem meist der Tango ein. Während außerhalb Argentiniens darunter für gewöhnlich die Musik und der Tanz verstanden werden, sind für Argentinier die Texte genauso wichtig. Tangolieder sind eine spezielle Form der Poesie und enthalten oft Wörter oder Redewendungen in Lunfardo, einem lokalen Jargon.
Der Tango (und die verwandten Musikformen Milonga und Vals) kann jedoch nicht nur auf die musikalische Dimension beschränkt werden und ist vielmehr ein gesamtkulturelles Phänomen mit den zusätzlichen Aspekten der Textdichtung und tänzerischen Interpretation.
Als solches begründet der Tango eine kulturelle Identität, die sehr viel zum Selbstverständnis der Argentinier, genauer genommen der „Porteños“ aus Buenos Aires, beiträgt. Bekannteste Interpreten sind Carlos Gardel, Astor Piazzolla und Osvaldo Pugliese.
Folkmusik und Folkloretanz sind vor allem im ländlichen Argentinien beliebt und stellen eine Mischung aus verschiedenen einheimischen und europäischen Stilen dar. Zu den auch international beachteten Musikern zählen der als Atahualpa Yupanqui weltweit bekannt gewordene Héctor Roberto Chavero und die aus der Provinz Tucumán stammende Mercedes Sosa.
Jazz ist nach wie vor beliebt in Argentinien und kann auf verschiedenen Jazz-Festivals gehört werden, die mehr oder weniger regelmäßig seit den 1990er Jahren an verschiedenen Orten stattfinden. Eines der bekannteren Festivals ist das „Buenos Aires Jazz Festival“, das jährlich veranstaltet wird.
Auch europäische klassische Musik ist beliebt in Argentinien. Das Teatro Colón mit seinem Philharmonischem Orchester in Buenos Aires gehört zu den besten Opernhäusern der Welt. Musiker wie Martha Argerich, Sol Gabetta, der Dirigent Daniel Barenboim und klassische Komponisten wie Alberto Ginastera sind international renommiert.
In letzter Zeit sind in Argentinien einige traditionelle Musikstile von der Popmusik wiederbelebt worden. Zu nennen sind hier der fröhlich-leichte Tanz des Cuarteto, die urbane Musik der Stadt Córdoba, sowie einige Stile der von den Spaniern übernommenen nationalen Folklore, die durch Mischung mit anderen Stilen eine völlig neue Gestalt erlangt haben. Auch Musikstile aus anderen Teilen Südamerikas, allen voran der kolumbianische Cumbia, wurden von argentinischen Interpreten weiterentwickelt.
Argentinische Literatur
Im 19. Jahrhundert löste sich, mit der Unabhängigkeit des Landes, die argentinische Literatur von der spanischen. Durch die Thematisierung des Lebens der Gauchos in der Pampa gewann die Literatur eine deutlich nationale Komponente.
Ansonsten sind Argentiniens erfolgreichste Autoren Jorge Luis Borges (er schrieb Gedichte, Kurzgeschichten, Essays), der einer der größten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts ist, Adolfo Bioy Casares und Julio Cortázar.
Bekannte Comic- und Cartoonautoren sind Guillermo Mordillo und Quino (Joaquín Lavado). Letzterer schuf die international bekannte Comic-Reihe „Mafalda“, eine Comic-Reihe, die die Probleme der Welt durch die Augen eines kleinen Mädchens, Mafalda, und ihrer Freunde und Verwandten zeigt.
Theater und Kunst in Argentinien
In vielen Städten gibt es eine lebhafte Theaterszene. Man kann sich pro Woche leicht über 100 verschiedene Theaterstücke von professionellen und Laiengruppen ansehen. Besonders bekannt ist Rosario für seine Theatergruppen. International bekannt ist auch die Performance-Show der Akrobatik-Theatergruppe „De la Guarda“, die eine Mischung aus Tanz, Akrobatik, Theater und Musik zeigt. Das bekannteste Theatergebäude Argentiniens ist das Opernhaus Teatro Colón in Buenos Aires.
Die argentinische Malerei gehört mit zu den führenden in Südamerika. Stilistisch ist sie, im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Ländern, weniger von indigenen Einflüssen bestimmt, sondern von der klassischen Moderne Europas. Eine neue Generation von Malern wird zunehmend von Einflüssen der Populärkultur wie Graffiti/Street Art und New Pop Art bestimmt.
Der argentinische Film
Argentinien war eines der Pionierländer auf dem Gebiet des Stummfilms. Schon 1896 wurde der erste Film gedreht, der die argentinische Fahne zum Thema hatte. 1933 begann der Aufstieg der argentinischen Filmindustrie mit dem Aufkommen des Tonfilms. Damit begann die beste Zeit des argentinischen Kinos und die Filme wurden in der ganzen Welt gezeigt. Besonders bekannt wurden die „Tangofilme“ aus Buenos Aires, unter anderem mit Carlos Gardel.
Ab Mitte der 1940er Jahre griff der Staat mittels Zensur und Einmischung in die Kinoszene ein. Besonders drastisch wurde dies während der Militärregierungen. In den demokratischen Zwischenzeiten wurden jedoch künstlerisch sehr hochwertige Filme produziert.
1997 leitete Adrián Caetano mit dem Film „Pizza, Birra, Faso“ die Epoche des „Nuevo Cine Argentino“ ein, in dem vor allem Geschichten aus dem Milieu der einfachen Leute und Slum-Bewohner verfilmt wurden.
Heute ist die argentinische Filmszene vor allem in Buenos Aires und in geringerem Maße in Rosario und Santa Fe sehr aktiv. Der international bekannteste Regisseur ist derzeit wohl Pino Solanas mit seinen sozialkritischen Filmen wie „Sur, El viaje“, „Tangos – el exilio de Gardel“ sowie den aktuellen Dokumentationen „Memoria del Saqueo“ und „La Dignidad de los Nadies“, die den Zustand von Politik und Gesellschaft des heutigen Argentinien beschreiben.
Sport in Argentinien
Die Argentinier sind vor allem fußballbegeistert. Bereits 1893 wurde der argentinische Fußballverband AFA gegründet und gehört somit zu den ältesten weltweit. Das erste Länderspiel der argentinischen Nationalmannschaft wurde 1902 gegen Uruguay ausgetragen. Seither hat die Nationalmannschaft 14x die südamerikanische Fußballmeisterschaft, die „Copa América“, und zweimal die Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen. Die beiden bekanntesten Fußballclubs sind River Plate und Boca Juniors, beide aus Buenos Aires. Bei Boca Juniors hat der bekannteste argentinische Fußballspieler Diego Maradona gespielt, der oft als einer der besten oder sogar als bester Fußballspieler des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird. Mittlerweile hat ihn Lionel Messi, der derzeit beim FC Barcelona spielt, als besten argentinischen Fußballer abgelöst. Die Spiele zwischen den beiden Mannschaften aus Buenos Aires werden „Superclásicos“ genannt und das öffentliche Leben steht dabei praktisch still. Fútbol (Fußball) ist mehr eine nationale Leidenschaft als ein Spiel.
Ein weiterer beliebter Sport in Argentinien ist Rugby in der Variante Rugby Union. Auch Basketball und Hockey sind weit verbreitet, und bei beiden Sportarten gehören die Nationalmannschaften mit zur Weltspitze.
Neben Fußball und anderen Ballsportarten genießt der Pferdesport, insbesondere das Polo, ein großes Interesse in Argentinien.
Im Motorsport ist, wegen der landschaftlichen Bedingungen, besonders die Rallye beliebt. Der bekannteste Vertreter ist jedoch der Formel-1-Fahrer Juan Manuel Fangio, vor Michael Schumacher lange Zeit Rekordweltmeister dieser Disziplin.